Wenn wir raus aus dem Fenster schauen und die kahlen Bäume sehen, an denen die kalten Dezemberwinde zerren, zeigt sich uns ganz klar: Die Natur ist im Ruhemodus.
Die Tage sind jetzt am kürzesten und es ist wenig Licht da, das Leben schenken und die Pflanzen gedeihen lassen könnte. Überall herrscht Stille, Ruhe, Einkehr.
Die Planzen und Tiere nutzen den Winter zur Regeneration, um sich auf ihre nächste Reise durch die Jahreszeiten vorzubereiten. Unnötiger Ballast wird abgeworfen und der Fokus richtet sich nach innen.
Die Natur folgt hier ganz selbstverständlich dem immer wiederkehrenden Rhythmus des Lebens. Ist im Sommer alles bewegt und platzt vor Leben und Energie, wird all das im Winter zurückgefahren.
Pause, Ruhe, Stille.
Mensch versus Natur
Wir Menschen verbringen den Winter hingegen meist ganz anders. Natürlich ist auch unser Verhalten von der Jahreszeit geprägt, denn wer geht jetzt schon noch an den Badesee oder genehmigt sich einen großen Eisbecher im Freien.
Doch gerade wenn man in die Städte schaut und das Treiben der Menschen beobachtet, ist recht wenig von Ruhe und Einkehr zu beobachten. Und im dunkelsten Monat des Jahres, dem Dezember, drehen wir dann sogar noch mal so richtig auf.
Geschenke müssen gekauft werden und ein Termin jagt den nächsten. Wir sind gehetzt und getrieben. Als ob das Leben nach Weihnachten enden würde.
Die Zeit rinnt uns noch schneller durch die Hände als sonst und wir hecheln halb verzweifelt unseren To-Do-Listen hinterher.
Pause machen und ausruhen
Was wäre, wenn wir uns ein Vorbild an der Natur nehmen würden? Wenn wir ihrem Ruf nach Ruhe und Erholung folgten – den viele ohnehin in sich spüren, auch wenn sie ihm nicht nachgeben.
Was, wenn wir einfach mal Pause machen und abschalten? Die Füße hochlegen und uns ausruhen?
Geht nicht? Zu viel zu tun? Dieses und jenes will unbedingt noch von dir erledigt werden? Und am besten schon gestern?
Dass wir meist durch unser Leben hetzten, ohne groß nach links und rechts zu schauen, ist keine besondere Eigenschaft des Winters. Das tun wir wohl zu jeder Jahreszeit. Doch im Winter fällt mir ganz besonders auf, wie unsinnig das ist.
Die unterschiedlichen Phasen des Lebens
Es gibt Phasen, in denen wir kraftvoll und energiegeladen sind und Bäume ausreißen könnten. Oder zumindest ganz entspannt all das erledigen, was wir uns so vorgenommen haben.
Doch ist das nicht immer der Fall. Nichts und niemand kann im Dauerbetrieb auf Hochtouren laufen, ohne nicht irgendwann einen gewissen Schaden davonzutragen.
Wie die Natur brauchen auch wir Phasen der Ruhe und Regeneration, in denen wir den Blick nach innen richten und uns um unsere Kraftreserven kümmern.
Bei jedem kommen diese Phasen in einem anderen Moment. Der eine braucht sie mehr, der andere weniger. Wir sind alle unterschiedlich und verändern uns zudem permanent.
Doch was sich nicht verändert ist die Tatsache, dass auf jedes Hoch ein Tief folgt und auch die tougheste Kämpferin mal eine Pause braucht.
Ausruhen und entspannen lernen – Warum es so wichtig ist
Aber wie schaffen wir es, uns diese Pausen auch wirklich zu nehmen und zu gönnen? Und am besten sogar ohne schlechtes Gewissen den anderen und unseren Verpflichtungen gegenüber?
Erst einmal, indem wir uns bewusst machen, dass es absolut notwendig ist. Wir sind keine Roboter – und selbst die müssen gelegentlich ihre Batterie aufladen.
Wir sind nicht unendlich belastbar. Doch je früher wir erkennen, dass unser Körper oder unser Geist eine Verschnaufpause braucht und je früher wir dann auch noch danach handeln, desto schneller ist der Akku wieder voll.
Nicht umsonst braucht es so lange, sich von einem Burnout wieder zu erholen. Die Betroffenen sind meist Wochen, wenn nicht sogar über Monate oder Jahre hinweg konsequent über ihre Bedürfnisse gegangen. Bis der große Knall kommt. Und entsprechend saftig fällt am Ende die Rechnung für ihre mangelnde Selbstfürsorge aus.
Ich selbst bin früher oft über meine Belastungsgrenzen gegangen und bin dann regelmäßig in ein Loch gefallen, aus dem ich mich nur mit viel Mühe und Zeit wieder herausziehen konnte.
Durch diese Erfahrungen habe ich gelernt, dass wir gelegentlich aus dem Hamsterrad aussteigen müssen. Ruhepausen sind unersetzlich, wir brauchen sie wie die Luft zum Atmen.
Negative Glaubenssätze blockieren uns
Deshalb möchte ich dich dazu ermuntern, dir besonders jetzt in der dunklen Jahreszeit die Pausen zu gönnen, die du brauchst. Wir sind nicht daran gewöhnt, uns aus dem Treiben herauszunehmen. Viele von uns haben starke innere Antreiber, die nicht locker lassen, bis alles erledigt ist, von dem wir glauben, dass wir es tun müssten.
Es ist nicht leicht, sich die innere Haltung anzueignen, die uns erlaubt, unsere Bedürfnisse ernst zu nehmen und nach ihnen zu handeln. Die wenigsten von uns haben es zuhause gelernt, gut für sich zu sorgen. Viele haben sogar zu hören bekommen, das sei egoistisch oder gar schwach.
Sind auch dir in deiner Kindheit solche Glaubenssätze, solche tief sitzenden Überzeugungen begegnet? Wurde auch dir beigebracht, dass du dich immer anstrengen sollst? Dass es nie genug ist, was du tust und gibst?
Veränderung braucht Bewusstheit
Eine Veränderung auf dieser inneren Ebene, die eine Veränderung des Verhaltens überhaupt erst möglich macht, braucht Zeit. Unsere Gewohnheiten im Denken, Fühlen und Handeln sind stark und lassen sich nicht über Nacht ändern.
Doch Stück für Stück, in winzig kleinen Schritten können wir aus dem alten Trott heraustreten und uns diese neue Haltung zu eigen machen.
Ein wichtiger erster Schritt hierfür ist – wie immer – die Bewusstwerdung. Um etwas verändern zu können, müssen wir wissen, womit wir es zu tun haben. Erst einmal müssen wir klar und deutlich wahrnehmen, wo wir überall nicht für uns sorgen und über unsere Grenzen gehen.
Wie Achtsamkeitsübungen dir helfen
Deshalb ist es am Anfang sehr hilfreich, wenn du dir angewöhnst, immer mal wieder für einen kurzen Augenblick die Augen zu schließen und nach innen zu lauschen:
Wie geht es dir gerade? Was ist da in dir los? Welche Gefühle nimmst du wahr? Und wie geht es deinem Körper?
Und wenn du deinen Fokus nach innen gerichtet hast, ganz ohne das zu verurteilen, was du wahrnimmst – es ist einfach wie es ist -, dann frage dich:
Was brauche ich gerade? Was würde mir jetzt gerade gut tun? Womit könnte ich mir selbst etwas Gutes tun?
Du wirst der Antwort vermutlich nicht immer folgen und direkt umsetzen können, was eigentlich gut für dich wäre. Doch nimmst du immer klarer wahr, was du eigentlich wirklich brauchst und kannst dort, wo es gut für dich umsetzbar ist, für dich sorgen.
Warum das auch für andere gut ist
Am Anfang mag es frustrierend sein, wenn du wahrnimmst, wie oft du entgegen deiner Bedürfnisse handelst. Doch sei auch hier geduldig mit dir. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen – auch nicht auf dem Gebiet der Selbstfürsorge.
Vielleicht hilf dir ja für dieses Projekt der Gedanke, dass du immer dann, wenn du dir etwas Gutes tust, immer auch deinem Umfeld ein Geschenk machst.
Denn wenn dein eigener Akku voll ist und du nicht länger wie ein Bündel voller ungestillter Bedürfnisse durch die Welt schlurfst, kannst du auch viel besser für andere da sein.
Du kannst viel leichter freundlich und nachsichtgig sein wo du vorher nur genervt warst. Du kannst anderen deine Aufmerksamkeit schenken, weil du deinen eigenen Aufmerksamkeitsspeicher gefüllt hast, indem du dich dir selbst zugewand hast.
Und du kannst deine Aufgaben, sei es zuhause oder auf der Arbeit, schneller und konzentrierter erfüllen und erzielst bessere Ergebnisse. Und damit machst du letztlich auch die anderen glücklich und zufrieden.
Probiere es selbst aus!
Du siehst, für sich selbst zu sorgen ist alles andere als egoistisch. All die Liebe und Aufmerksamkeit, die du dir selbst zukommen lässt, fließt letztlich auch all denen zu, die mit dir in direktem oder indirektem Kontakt sind.
Wenn du magst, dann probiere es doch gleich jetzt mal aus. Schließe deine Augen und lausche nach innen. Und wenn das jetzt gerade nicht geht – setze dir eine Erinnerung im Handy.
Was wir nicht aufschreiben, vergessen wir. Und was wäre wichtiger, um sich daran zu erinnern, als ein Moment der Fürsorge für sich selbst?
Was hält dich noch von deiner wohlverdienten Pause ab?
Wie geht es dir mit dem Thema Selbstfürsorge? Hast du damit schon herumexperimentiert oder bist du vollkommen neu auf diesem Gebiet?
Was sind deine inneren Antreiber und Glaubenssätze, die dich davon abhalten wollen, dass du auch mal für dich selbst da bist? Welche Gedanken gehen dir bei dem Thema durch den Kopf, die das hier für absoluten Bullshit halten?
Oder bist du bereits erste Schritte auf dem Weg zu mehr Selbstfürsorge gegangen? Was hilft dir dabei, dir zu erlauben, eine Pausen zu machen, wenn du sie brauchst?
Ich freue mich auf deine Gedanken und Erfahrungen in den Kommentaren!
Artikel zu ähnlichen Themen findest du hier:
Vom richtigen Zeitpunkt – Wie du lernst, auf deine innere Stimme zu hören.
Warum du bei Entscheidungen auf deine innere Stimme hören solltest
Die Schönheit der Stille – Wie Meditation dein Leben bereichern kann
Foto: Anthony Tran