Als wir dann zuhause waren und ich einen kurzen Moment Ruhe hatte, konnte ich in meinen Körper hineinspüren und merkte: Ich brauche Ruhe – und zwar dringend. Das ganze Wochenende war so intensiv und teilweise auch kräftezehrend, sodass mein Körper mir sagte: Ziehe dich zurück und sorge für dich! Du brauchst Ruhe!
Es fühlte sich ein bisschen unangenehm an, ihm meinen Meinungswechsel mitzuteilen (als alte People Pleaserin meldete sich hier natürlich mein altes Muster, es allen anderen recht machen zu wollen). Aber ich wusste, dass es notwendig und das Richtig war, den Abend ohne ihn zu verbringen. Und zum Glück habe ich einen sehr verständnisvollen Freund, der damit gut umgehen kann.
Ist es okay, die eigene Meinung zu ändern?
Ich weiß, dass es Menschen gibt, die mit dieser Meinungsänderung nicht so entspannt umgegangen wären. Und es gibt Menschen, die es verurteilen, wenn man seine Meinung ändert. Die es als charakterschwach ansehen, als wankelmütig und unbeständig.
Ich selbst bin auch mit dieser Überzeugung groß geworden. Dass man ein besser Mensch ist, wenn man seiner Meinung treu bleibt und diese nicht ändert. „Wer sich einmal eine Meinung gebildet hat, der sollte dieser auch treu bleiben“.
Heute weiß ich: Das ist der totale Bullshit. Es ist vollkommen okay, die eigene Meinung zu ändern. Und es ist oft genug auch absolut wichtig. Daher möchte ich dir heute zeigen, warum es wichtig ist, dass auch du dir erlaubst, deine Meinung zu ändern.
Alles im Leben ändert sich – warum also nicht auch die eigene Meinung?
Alles im Leben verändert sich beständig. Es heißt ja auch so schön: Das einzig beständige ist der Wandel. Umstände ändern sich, Erkenntnisse und Einsichten ändern sich. Wir machen neue Erfahrungen, die uns eine neue Perspektive auf die Dinge ermöglichen. Beziehungen ändern sich. Unsere Mitmenschen ändern sich und wir selbst auch.
Alles im Leben ist in permanenter Veränderung, alles bewegt sich, in jedem Moment. Manches offensichtlich, anderes nur subtil. Und doch gilt: Alles ist immer anders.
Warum sollte sich dann nicht auch die eigene Meinung ändern? Und ist es dann nicht eigentlich totaler Unsinn, wenn man starr und rigide an einer einmal gefassten Meinung festhält, wenn sich doch alles andere verändert?
Wie sich neue Erkenntnisse und Erfahrungen auf die eigene Meinung auswirken
Wenn ich einen neuen Job antrete und Lust darauf habe, dann habe ich (bewusst oder unbewusst) eine bestimmte Vorstellung im Kopf, wie der Job sein wird. Es kann also sein, dass ich total enthusiastisch herangehe, mich sehr freue und voller Elan in die neue Aufgabe starte. Und vielleicht denke ich auch in der ersten Zeit: „Das ist es! Das ist der richtige Job! Der passt genau zu mir.“
Doch dann zeigen sich mit der Zeit vielleicht Dinge, die ich vorher und auch in der ersten Zeit gar nicht gesehen habe oder auch nicht sehen konnte.
Der anfangs so unterstützende Chef wird vielleicht immer kritischer, die Aufgaben, auf die ich anfangs große Lust hatte, werden immer mehr und immer herausfordernder und beginnen, mich zu überlasten. Und die eine Kollegin, die in der ersten Zeit so nett und offen war, sorgt zunehmend dafür, dass ich mich nicht mehr wohlfühle.
Das, was am Anfang so perfekt und goldrichtig erschien, kann sich mit der Zeit als etwas ganz anderes entpuppen. Wäre es da nicht fatal, stoisch daran festzuhalten, dass das der richtige Job ist?
Warum es intelligent ist, die eigene Meinung zu ändern
Genau so kann es natürlich andersherum sein. Dass man etwas blöd findet, das man machen „muss“ und mit der Zeit merkt man, dass es doch gar nicht so übel ist. Wie sinnvoll wäre es dann, noch an der schlechten Meinung darüber festzuhalten?
Und wie sieht es mit Menschen aus? Wie oft ist es dir schon passiert, dass du jemanden im ersten Moment nicht so toll fandst und dann mit der Zeit gemerkt hast, dass die Person doch eigentlich ganz nett ist? Und umgekehrt?
Ich könnte hier noch unzählige Beispiele aufzählen, die deutlich machen: Nicht nur die Dinge/Situationen/Menschen/Umstände/Beziehungen ändern sich, sondern auch die Erkenntnisse, die wir darüber haben und die Erfahrungen, die wir damit machen. Und damit ist es auch wichtig, dass wir unsere Meinung darüber entsprechend anpassen.
Das ist dann nicht charakterschwach oder wankelmütig, sondern einfach nur sinnvoll, angemessen und absolut gesund. Und nebenbei: auch äußerst intelligent!
Die eigene Meinung ändern, weil wir genauer hinspüren
In den Beispielen eben ging es um größere Dinge, bei denen wir merken: Es ist doch nicht so, wie ich ursprünglich dachte. Im Kleinen kann das noch viel öfter passieren.
Wie mein persönliches Beispiel, wo ich im einen Moment Lust hatte, den Abend mit meinem Freund zu verbringen und dann im nächsten Moment feststellen musste, dass mein Körper und meine Seele gerade etwas ganz anderes brauchen.
Das, was ich im ersten Moment spürte, war nicht falsch, mein Bedürfnis nach gemeinsamer Zeit war echt. Doch was da noch fehlte, war die genaue Wahrnehmung meiner Verfassung. Dass ich so ruhebedürftig war, habe ich erst später wahrgenommen, als ich die Gelegenheit hatte, in Ruhe in mich hineinzuspüren und auch meinen Körper wahrzunehmen.
Wenn wir unterwegs sind, in Aktion, dann haben wir oftmals nicht so eine gute Verbindung nach innen und zu unserem Körper. Das ist ganz normal. Da braucht es schon das Innehalten und bewusste Hineinspüren, um zu erkennen, was da gerade los ist.
Wie sinnvoll wäre es gewesen, entgegen diesem starken Ruhebedürfnis zu handeln und den Abend trotzdem mit meinem Freund zu verbringen? Aus Erfahrung weiß ich: Es wäre ganz und gar nicht sinnvoll gewesen. Wahrscheinlich hätte ich in der Nacht schlecht geschlafen und ich hätte den Energiemangel den ganzen nächsten Tag gemerkt, vielleicht noch deutlich länger.
Es ist okay, die eigene Meinung zu ändern
Es war eine Situation, die mir mal wieder sehr deutlich gezeigt hat:
Ja, es ist okay, die eigene Meinung zu ändern. Und es ist auch oft genug verdammt wichtig.
UND es ist wichtig, dass wir uns selbst erlauben, unsere Meinung zu ändern. Weil es uns frei macht, weil es uns ermöglicht, authentisch und ehrlich zu leben. Weil wir nur so gut für uns sorgen können und auf eine Weise leben, die unserem Körper, unserer Psyche und unserem Herzen guttut.
Sich treu bleiben und die eigene Meinung ändern
Wenn ich immer wieder meine Meinung ändere, heißt das nicht, ich bleibe mir nicht treu?
Nein, im Gegenteil! Denn wenn du dir selbst treu bleiben willst, dann ist es ja besonders wichtig, auch in deinen Meinungen flexibel zu sein. Denn du änderst dich. Dein Körper ändert sich. Und deine Bedürfnisse ändern sich. Und wenn du dann deine Meinung nicht anpasst, dann bist du einer alten Version von dir treu, aber nicht mehr dir selbst, die du jetzt in diesem Moment bist.
Wenn du dir wirklich treu bleiben willst, dann musst du sogar deine Meinung ändern, wenn die Umstände es erfordern.
Was ist, wenn andere das blöd finden und mich dann verurteilen?
Was andere denken, wenn wir die eigene Meinung ändern
Es ist gut möglich, dass es andere auch mal nicht so toll finden, wenn du deine Meinung änderst. Und wenn du dir das immer öfter erlaubst, dann hörst du auch vielleicht mal einen blöden Spruch à la „Du weißt ja auch nicht, was du willst.“
Dass andere Menschen etwas Negatives über dich denken, kann dir immer passieren, ganz egal, was du tust. Es wird immer Menschen geben, die deine Handlungen und Entscheidungen gut finden und es wird auch immer Menschen geben, die das nicht tun.
Doch das einzige, das wirklich zählt, ist: Was denkst du darüber? Und wie geht es dir damit? Es ist dein Leben und du bist die einzige, die damit zufrieden sein, der es damit gut gehen muss. Was die anderen denken, ist da zweitrangig.
Erlaube dir, deine eigene Meinung zu ändern!
Fange an, dir zu erlauben, deine eigene Meinung zu ändern, wenn die alte nicht mehr stimmig oder hilfreich ist. Tue das, was sich für dich in diesem Moment richtig anfühlt – auch wenn das gerade eben noch etwas ganz anderes war. Traue dich, den Veränderungen des Lebens zu folgen, in dir und um dich herum, und erlaube dir dein Handeln und Denken daran anzupassen.
Du hast es verdient, ein freies und authentisches Leben zu führen. Eines, in dem du wirklich glücklich und zufrieden bist. Also halte nicht an alten Überzeugungen fest, wenn sie dir gar nicht mehr dienen. Wirf über Bord, was dir heute nicht mehr gut tut. Und ebenso eine Meinung, die dir jetzt nicht mehr dient. Du darfst das. Erlaube es dir selbst!
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Foto: Heidi Fin